Endlich eine eigene Payment-App für iOS
Apple zählt zu den Unternehmen, die oft einen Schritt voraus sind und Lösungen schaffen, die sowohl Nutzer*innen als auch Unternehmen begeistern. Der Erfolg von Apple Pay ist mit seinem geschlossenen System und seinem Gebührensystem jedoch mehr erzwungen als verdient. Auf Druck der EU gewährt Apple nun ab iOS 17.4. und der Öffnung seiner NFC-Schnittstelle anderen Anbietern direkten und kostenlosen Zugang zum kontaktlosen Bezahlen, ohne den Umweg über Apple Pay.
Die erzwungene Öffnung
Der Digital Markets Act sorgt dafür, dass Plattformbetreiber mit besonderer Marktmacht bestimmte Dos and Don’ts erfüllen müssen. Rechtzeitig vor Inkrafttreten der neuen Richtlinien Anfang März und auf Druck der EU-Kommission, macht Apple letztendlich seine NFC Schnittstelle Drittanbietern zugänglich. Damit haben Banken und Zahlungsanbieter die Option, ihre eigene, zu Apple Pay gleichwertige, kontaktlose Payment-Lösung anzubieten und diese mit Mehrwertservices zu bereichern. Mit Payment-Apps, in denen komplementäre Bereiche wie Kundenkarten integriert sind oder mächtigen Android Apps, die lediglich auf Apple portiert werden müssen, bekommt Apple ernstzunehmende Konkurrenz.
Endlich das tun, was auf Android immer schon möglich war
Jedes Unternehmen, das sich mittels gesonderten Agreements qualifiziert, wird zur Nutzung von Apples NFC Schnittstelle mit Host Card Emulation Architektur zugelassen. Diese kommt auch auf Android Geräten zum Einsatz und ermöglicht die sichere und einfache Autorisierung von Zahlungen. Da die Nutzung der NFC-Schnittstelle ohne Entgelt möglich ist, gibt es endlich freien Wettbewerb beim kontaktlosen Bezahlen. Als Payment Service Provider im Kopf behalten muss man jedoch, dass Apple der Gatekeeper für das Release der Payment App ist. Dies bedeutet, dass sich Apple abweichende oder kreativere Geschäftsmodelle und Funktionalitäten außerhalb von Payments, wie beispielsweise das Öffnen von Hoteltüren, weiterhin exklusiv vorbehält.
Auswirkungen auf die Banken
Auf der einen Seite stehen die langfristigen Einsparungen des Revenue Shares an Apple. Da die Kosten für den Betrieb von Apple Pay zumeist defizitär sind, werden sie als Investment in den Kundenservice gesehen. Auf der anderen Seite bedeutet die Entwicklung einer eigenen Payment App für iOS einen entsprechenden Aufwand. Institute und FinTechs, die bereits auf Android eine eigene Wallet betreiben, haben hier einen enormen Startvorteil. Unternehmen, die auf Apple Pay und Google Pay gesetzt haben, sind im Zugzwang.
Statistiken zufolge sind iOS-Nutzer*innen die zahlungskräftigsten und -freudigsten aller Mobiltelefonbesitzer*innen. Profitable und attraktive Geschäftsmodelle für die eigene Payment App lassen sich so bereits für einen kleineren Prozentsatz an Bestandskunden mittelgroßer Banken entwickeln. Zusätzliche Einkommensquellen können über die Vermarktung margenträchtiger Produkte wie Anlagen oder Versicherungen erschlossen werden. Investieren Banken in eine exzellente Usability, kann mit einem entsprechenden Umsatz gerechnet werden.
Bestandskunden, die Apple Pay nutzen, dazu zu bewegen, ein alternatives Angebot der Bank anzunehmen, könnte mitunter schwer werden. Incentivierungen wie Kundenbindungsprogramme oder funktionale Ergänzungen, die Apple nicht im Repertoire hat, können ein Hebel sein. Eine Verhaltensänderung bedarf immer positiver Anreize, aber Sie ist machbar.
Welche Chancen sich durch die Entwicklung einer eigenen Payment-App für iOS eröffnen
Langfristig gesehen ergeben sich Effizienzgewinne und neue Einnahmequellen. Durch das Lösen der Bezahlmöglichkeiten von Apple Pay spart die Bank sich die an Apple fälligen Gebühren. Außer einem bezahlten Zugang zum Kunden haben Banken von Apple Pay bis dato wenig bekommen. Nun haben sie die Möglichkeit, ihre Kund*innen ganzheitlich im eigenen Ökosystem zu betreuen, dadurch die Kundenbindung zu stärken und Differenzierungspotenziale zu erschließen.
Die spannendste Frage jedoch ist welche Bank die erste Lösung präsentieren wird.